Experten-Tipps

Wechsel in die private Krankenversicherung: Für wen lohnt es sich?

„Endlich, kann ich in die private Krankenversicherung wechseln!“ So denken viele, bei denen die Voraussetzungen für einen Wechsel aus der gesetzlichen Krankenversicherung in die private Krankenversicherung eingetreten sind. Verständlich, denn als gesetzlich Versicherter wird man immer wieder mit neuen Leistungseinschränkungen des gesetzlichen Gesundheitssystems konfrontiert. Wenn man dann noch persönlich oder in seinem Umfeld die Unterschiede in der Behandlung durch Ärzte oder im Krankenhaus wahrnimmt, dann ist der Wunsch nach der privaten Krankenversicherung sehr groß. Ist die private Krankenversicherung aber immer die bessere Wahl? Kann ein Verbleib in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht manchmal überlegenswert sein? Für wen sich ein Wechsel in die private Krankenversicherung lohnt, erfährst du in diesem Experten-Tipp...

04.02.2021

Eins vorweg: Pauschal lässt sich die Frage, nach der Sinnhaftigkeit eines Wechsels in die private Krankenversicherung nicht beantworten. Es kommt auf die individuelle persönliche Situation an, die von einem Experten geprüft werden sollte. Eine versierte Analyse und Beratung durch einen spezialisierten Versicherungsmakler sollte der erste Schritt sein.

Was sind die wesentlichen Unterschiede der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung?

Der § 12 des SGB 5 (5. Sozialgesetzbuch) beschreibt eindeutig, welche Voraussetzungen medizinische Leistungen erfüllen müssen, damit sie von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen werden: Sie müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Im Gegensatz dazu fordert die private Krankenversicherung (PKV) lediglich, dass sie medizinisch notwendig sind. Ein großer Unterschied besteht auch in der rechtlichen Grundlage der Leistungsbestimmung. Diese sind bei der GKV per Gesetz im 5. Sozialgesetzbuch geregelt. In der PKV dagegen besteht Vertragsfreiheit, d.h. der Leistungsumfang kann individuell bestimmt und gewählt werden.

Die Unterschiede in der praktischen Umsetzung - gesetzlich vs. private Krankenversicherung

Die Unterschiede sind vielfältig und lassen sich in der Summe hier nicht aufführen. Eine konkrete Gegenüberstellung ist auch deshalb schwierig, da es innerhalb der privaten Kassen selbst aufgrund der Vertragsfreiheit kein durchgängig einheitliches System gibt. Bei vielen Versicherern kann man auch zwischen Standardtarifen oder einem Premium-Schutz wählen. In der Öffentlichkeit wird oft darüber gesprochen und diskutiert, dass in Deutschland durch die zwei Systeme GKV und PKV eine Zwei-Klassen-Gesellschaft besteht. Sowohl Befürworter als auch Gegner dieses Systems publizieren regelmäßig eine Vielzahl an Argumenten, die meist schlüssig und auch nachvollziehbar sind. Darüber zu diskutieren ist hier nicht die richtige Stelle. Tatsache aber ist, dass dieses System auch dazu geführt hat, dass Deutschland im weltweiten Vergleich eines der besten medizinischen Versorgungssysteme hat.

Zwei wesentliche Unterschiede der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung  werden hier kurz aufgezeigt:

  1. Arzt- und Krankenhauswahl: Die gesetzliche Krankenversicherung beschränkt auf Kassenärzte und öffentlich geförderte Krankenhäuser. Privat Versicherte haben eine freie Arzt- und Krankenhauswahl.

  2. Therapieverfahren: In der GKV sind nur Therapieverfahren versichert, die im Leistungskatalog des GBA (Gemeinsamer Bundesausschuss) stehen. In der PKV dagegen gilt das Prinzip der Therapiefreiheit ohne Budgetierung von Leistungen.

Wer darf in die private Krankenversicherung wechseln?

Grundsätzlich ist gesetzlich geregelt, dass jeder Bundesbürger krankenversichert sein muss. Der erste Weg hier ist in der Regel die GKV. Nur unter bestimmten Voraussetzungen besteht abweichend davon die Möglichkeit, sich privat zu versichern. Dies ist möglich für:

  • Freiberufler/Selbständige

  • Ärzte

  • Beihilfeberechtige Beamte

  • Angestellte ab einem monatlichen Bruttoeinkommen von 5.362,50 Euro

  • Studenten

  • Babys/Neugeborene

Wie wird der Beitrag in der GKV und PKV berechnet?

Gesetzlich Versicherte zahlen einen bestimmten Prozentsatz ihres monatlichen Einkommens, der bundesweit einheitlich ist. Darüber hinaus gibt es einen Zusatzbeitrag, der je nach gesetzlicher Kasse variieren kann. Maßgeblich ist also das Einkommen. Dies bedeutet natürlich auch, dass Personen mit hohem Einkommen mehr für ihren Versicherungsschutz bezahlen müssen, dem aber kein „Mehr“ an Leistungen gegenübersteht.
In der privaten Krankenversicherung errechnet sich der Beitrag aus dem gewählten Tarif des jeweiligen Krankenversicherers und dem Eintrittsalter bei Vertragsabschluss. Einen Premium-Tarif in höherem Alter abzuschließen bedeutet also logischerweise auch einen höheren Monatsbeitrag. Der PKV-Beitrag bestimmt sich also tatsächlich nach Risiko und Leistungsumfang.

Was kann gegen die private Krankenversicherung sprechen?

Nachfolgende Faktoren sollten berücksichtigt und individuell analysiert werden, da diese je nach persönlicher Ausprägung negative Aspekte eines privaten Krankenversicherungsschutzes beinhalten könnten:

  • Einkommen

  • Rückkehrmöglichkeit in die GKV

  • Beiträge im Rentenalter

  • Eintrittsalter

  • Familienplanung

  • Vorerkrankungen

Die Faktoren im Einzelnen:

Einkommen

Wichtig ist, dass das Einkommen stabil und langfristig gesichert über der Grenze von 5.362,50 Euro im Monat liegt. Fällt man als Angestellter wieder unter diese – jedes Jahr neu festgelegte – Grenze, wird man automatisch wieder in der gesetzlichen Kasse pflichtversichert. Ein kurzzeitiger Aufenthalt in der PKV macht keinen Sinn.

Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung

Ein Zurück in die Gesetzliche ist nur sehr schwer möglich. Ist der Versicherte über 55 Jahre alt, ist sie nahezu unmöglich. Wer also von Beginn an aus bestimmten Gründen mit einer Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung kalkuliert, sollte sich dies gut überlegen.
Beiträge im Rentenalter: Wie bereits erläutert berechnen sich die Beiträge in der Privaten nicht nach dem Einkommen. Fast jeder Rentner hat im Ruhestand ein geringeres Einkommen als im Erwerbsleben, aber der Beitrag zur Krankenversicherung reduziert sich damit nicht. Ein ausreichendes Ruhestandseinkommen sollte also sichergestellt sein.

Eintrittsalter

Das Alter zu Beginn der privaten Krankenversicherung hat zwei Bedeutungen. Zum einen wird der Beitrag umso höher ausfallen je älter man ist. Und: Um die Beiträge im Rentenalter nicht zu stark steigen zu lassen, werden in der Privaten Altersrückstellungen gebildet. Je kürzer also die Zeit zwischen Beginn der Versicherung und Rentenalter ist, desto geringer werden diese Altersrückstellungen ausfallen. Als grober Richtwert empfiehlt sich ein Wechsel bis zum 35. Lebensjahr. Wichtig: Eine Lösung zur Finanzierbarkeit der privaten Krankenversicherung auch im Ruhestand kann der Aufbau einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge genau mit dieser Zielsetzung sein. Neben den besseren Leistungen bedeutet der Wechsel von der GKV in die PKV – insbesondere bei einem hohen Einkommen – oft auch eine monatliche Ersparnis. Diese sollte konsequent auf die Seite gelegt werden. Spezialisierte Makler könne genau dafür interessante Lösungen aufzeigen.

Familienplanung

Die private Krankenversicherung versichert jede Person einzeln. Es gibt hier also keine Familienversicherung, für jeden Versicherten muss ein eigener Beitrag bezahlt werden. Je nach künftiger Familienkonstellation (Ehepartner berufstätig oder nicht; viele/wenige/keine Kinder usw.) kann ein privater Krankenversicherungsschutz sehr teuer werden. Auch müssen bei vielen Versicherern während Mutterschutz und Elternzeit die vollen Beiträge entrichtet werden.

Vorerkrankungen

Die private Krankenversicherung errechnet den Beitrag aus der individuellen Risikosituation. Dies bedeutet auch, dass bei Beantragung detaillierte Gesundheitsfragen zu beantworten sind. Je nach Vorerkrankung können dann bestimmte Leistungen ausgeschlossen werden, die in der Gesetzlichen ggf. versichert wären. Alternativ können auch Risikozuschläge erhoben werden. Schlimmstenfalls droht eine komplette Ablehnung des Antrags.

Was ist der größte Fehler, den du beim Abschluss einer privaten Krankenversicherung machen kannst?

Hier gibt es im Wesentlichen ein Thema, das leider immer wieder zu erheblichen Problemen führt: Die falsche Beantwortung von Gesundheitsfragen. Wenn man unbedingt in die Private wechseln will, ist die Versuchung groß, bestimmte Vorerkrankungen zu verschweigen oder erheblich zu verharmlosen. Der Fachbegriff dafür: Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht. Die Leistungsprüfer in den Fachabteilungen der Versicherer sind erfahrene Spezialisten, die dies in vielen Fällen schnell erkennen. Die möglichen Folgen: Die Kostenübernahme für eine Behandlung wird verweigert und der Versicherte muss alles selbst bezahlen. Möglicherweise nimmt der Versicherer sogar sein Sonderkündigungsrecht für diese Fälle in Anspruch.

Fazit:
Der Wechsel aus der GKV in die PKV ist aufgrund der wesentlich besseren Leistungen und oftmals einer Beitragsersparnis sehr reizvoll. Diesen Weg gehen sollten aber nur Personen, die dauerhaft bis einschließlich im Rentenalter über ein stabiles und ausreichendes Einkommen verfügen. Gerade der Schritt in den Ruhestand bedeutet fast immer eine Reduzierung des monatlichen Einkommens. Hier sollte der Beitrag für die private Krankenversicherung nicht zum Problem werden. Dieses Thema sollte jeder proaktiv angehen und eine der vielfältigen Möglichkeiten der Beitragsentlastung im Alter nutzen. Für eine endgültige Beurteilung Pro oder Contra private Krankenversicherung sollte unbedingt das Gespräch mit einem spezialisierten Makler gesucht werden. Er kennt die Fallstricke und die Lösungsmöglichkeiten.

Teile diesen Artikel:

Hast Du eine Nachricht an Daniel Ritzerfeld?
 


Das könnte Dich auch interessieren:

Daniel Ritzerfeld

4.9

 von 5

390 Bewertungen (davon 342 von anderen Seiten)

Spezialisiert auf:

Krankenversicherungen, Altersvorsorge, Gewerbeversicherungen, Private Kranken-Vollversicherung, Beihilfetarife (öffentl. Dienst, Beamte), Kranken-Zusatzversicherungen, Private Altersvorsorge, Betriebliche Altersvorsorge, Geförderte Altersvorsorge (Riester/Rürup), Schutz gegen Schadensersatzansprüche, Schutz bei eigenen Schäden

Zum Expertenprofil
021123855320 Nachricht senden