Experten-Tipps

Darum braucht jeder eine private Haftpflichtversicherung

Auch wenn die private Haftpflichtversicherung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, zählt die private Haftpflichtversicherung zu den wichtigsten Versicherungen überhaupt. In diesem Experten-Tipp erfährst du, für welche Fälle im Alltag die Absicherung durch die private Haftpflichtversicherung notwendig ist und was eine private Haftpflichtversicherung leistet...

15.03.2021

Was ist ein Haftpflichtschaden? Das BGB regelt eindeutig:

Im § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist das Thema „Pflicht zur Haftung“ klar geregelt:
„Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit,
das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem
anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet“
Kern des Gesetzes ist also die für jeden geltende Pflicht, einen Schaden, den man jemandem anderen zugefügt hat, zu ersetzen. Betrachtet man den Gesetzestext im Detail, dann sind folgende Positionen besonders zu berücksichtigen:

  • Der Gesetzestext nennt keinerlei Einschränkungen in Bezug auf die Person des Schädigers. Die Pflicht zum Schadensersatz besteht also für jeden.

  • Die Auflistung der Bereiche, in denen eine „Verletzung“ stattgefunden hat, insbesondere die Formulierung „sonstiges Recht“, zeigt ebenso deutlich, wie breit die Möglichkeiten eines entstandenen Schadens sind.

  • Zu beachten ist natürlich der Begriff „widerrechtlich“, der die Haftpflicht insofern einschränkt, dass eine Handlung entgegen dem geltenden Recht stattgefunden haben muss.

  • Besonders zu beachten: Das Gesetz sieht keinerlei Einschränkungen bei der Höhe des zu leistenden Ersatzes vor. Dies bedeutet sowohl, dass die Schadenshöhe nach oben unbegrenzt ist, als auch, dass der Schädiger mit seinem gesamten Vermögen bzw. sogar darüber hinaus haftet. Dies kann im Extremfall eine lebenslange Verschuldung bzw. eine Privatinsolvenz bedeuten. Also die Gefährdung der gesamten eigenen Existenz.

Wer braucht also eine private Haftpflichtversicherung?

Aus der Betrachtung des Gesetzestextes heraus ist die Erkenntnis klar: Jeder benötigt privaten Haftpflichtschutz. Wer sich auf den Standpunkt stellt, dass er dem Risiko einer Haftung durch permanent vorsichtiges Handel entgehen kann, unterliegt einem gefährlichen Irrtum: Es liegt in der Natur des Menschen, Fehler zu begehen und auch einmal unachtsam zu sein. Dies zu vermeiden ist völlig unmöglich.

In welchen Fällen zahlt die private Haftpflichtversicherung? Praxisbeispiele:

Wer im Straßenverkehr als Fußgänger, Radfahrer oder Skater unterwegs ist, gefährdet automatisch andere Verkehrsteilnehmer und „Sachen“, die sich im Umfeld befinden. Man wird als Fahrradfahrer kurz durch ein Geräusch, die Sonne oder eine Bewegung in seinem Blickfeld abgelenkt. Die Folge: Man übersieht einen anderen „von rechts“ kommenden Verkehrsteilnehmer, der Unfall passiert. Beim Ballspiel fliegt der Ball in ein Fenster, durch die Glassplitter wird ein Bewohner verletzt. Die Möglichkeiten und Beispiele für Schadensfälle sind vielfältig und unbegrenzt. Die Mehrzahl der Fälle zeigt aber auch, dass sie sich aus einem ganz normalen menschlichen Verhalten heraus ergeben haben.

Und wann zahlt die private Haftpflichtversicherung nicht?

Eine wesentliche Einschränkung der Haftpflichtversicherung besteht aber bei folgenden Themen:

  • Vorsatz: Bei einem vorsätzlich zugefügten Schaden leistet die Haftpflichtversicherung nicht. Dies dürfte für jeden nachvollziehbar sein, da ansonsten böswilligem Handeln Tür und Tor geöffnet werden würde. Dieses Risiko könnte keine Versicherung abdecken.

  • Berufshaftpflicht: Selbstverständlich kein Bestandteil einer Privathaftpflichtversicherung sind Risiken, die sich aus der beruflichen Tätigkeit ergeben.

  • Separat zu versichernde Risiken: Bestimmte Gegebenheiten beinhalten auch ganz spezielle Risiken und müssen daher über spezifische Haftpflichtversicherungen abgedeckt werden. Sie sind in der Regel kein Bestandteil einer üblichen Privathaftpflichtversicherung. Hierzu zählen beispielsweise:

o    Tierhalterhaftpflicht
o    Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht
o    Gewässerschadenhaftpflicht
o    Und besonders aktuell: Dohnenhaftpflicht. Bei diesen immer weiter verbreiteten Fluggeräten muss auch je nach Größe bzw. Leistung geprüft werden, ob sie in einer normalen privaten Haftpflichtversicherung enthalten sind oder separat versichert werden müssen.

Welche Schäden sind über die Versicherung abgedeckt und welche Kosten werden übernommen?

Die private Haftpflichtversicherung zahlt die Kosten für die Wiederherstellung bzw. den Ersatz der beschädigten oder zerstörten Gegenstände.

Bei verletzten Personen werden Bergungs- und Behandlungskosten sowie ggf. ein Schmerzensgeld übernommen. Wichtig: Ärztliche Behandlungskosten trägt zwar im ersten Schritt die Krankenversicherung des Geschädigten. Diese kann der Versicherer aber von Ihnen als Schadensverursacher zurückverlangen. Wenn sich Schäden an Menschen nicht vollständig „reparieren“, also heilen lassen, können unter Umständen gravierende Folgeschäden entstehen, d.h. längerfristiger oder vollständiger Verdienstausfall, Kosten für weiter laufende Behandlungen und notwendiges Pflegepersonal, erforderliche Umbaumaßnahmen, sogar bis hin zur Zahlung einer lebenslangen Rente. Die hier entstehenden Schadenssummen kann praktisch niemand aus seinem normalen Einkommen erbringen. 

Welche Leistungen sollte eine gute private Haftpflichtversicherung beinhalten?

Das Grundprinzip der privaten Haftpflicht ist klar. Es gibt aber im täglichen Leben spezielle Situationen und Vorkommnisse, die von einem Standard-Versicherungsschutz nicht erfasst sind. Empfehlenswerte Haftpflichtversicherer bieten daher folgende Erweiterungen des Versicherungsschutzes an:

  • Ausfalldeckung: Sie sind selbst der Geschädigte, aber der Schädiger hat entweder keine adäquate Haftpflichtversicherung oder kein ausreichendes Vermögen, um den bei Ihnen entstandenen Schaden zu ersetzen. Über den Zusatz „Ausfalldeckung“ kommt Ihre eigene Privathaftpflichtversicherung für den Schaden auf.

  • Gefälligkeitshandlungen: Sie helfen einem anderen mit bestimmten Tätigkeiten, die aber nicht als gewerblich einzustufen sind. Dies z.B. als Hilfe bei einem Umzug oder bei einer Wohnungsrenovierung. Wenn Sie hierbei einem Dritten einen Schaden zufügen, hat dieser gesetzlich bedingt grundsätzlich keinen Schadensersatzanspruch. Hieraus können natürlich erhebliche zwischenmenschliche Probleme mit Freunden, Verwandten und der Familie entstehen. Ist die Klausel „Gefälligkeitshandlungen“ in Ihrer Versicherung enthalten, besteht auch hier Versicherungsschutz.  

  • Verzicht auf den Einwand der Deliktunfähigkeit: Kleine Kinder können grundsätzlich durch entsprechende gesetzliche Regelungen für ihr Tun nicht zur Verantwortung gezogen werden. Für den Geschädigten ärgerlich, da er keinen Schadensersatzanspruch hat. Für Sie als Eltern ggf. problematisch, wenn der Geschädigte zum eigenen Kontaktkreis zählt. Ist das Thema „Deliktunfähigkeit“ Bestandteil der Bedingungen Ihrer Haftpflichtversicherung, wird das Alter der verursachenden Kinder (und damit die evtl. Deliktunfähigkeit) nicht geprüft.

  • Schlüsselverlust bei beruflichen und privaten Schlüsseln: Gerade bei Zugangstüren zu größeren Wohnanlagen oder auch beim Zugang zu einem Unternehmen (Arbeitsplatz!) kann ein Schlüsselverlust es erforderlich machen, Schlösser in großem Umfang auszutauschen. Der Aufwand dafür kann sehr teuer werden. Ist in der Privathaftpflichtversicherung der Schlüsselverlust mitversichert, werden die Kosten übernommen.

  • Mietsachschäden: Schäden an gemieteten Wohnräumen und auch an beweglichen Sachen (Inventar) im Hotel, Ferienhäusern etc. sind normalerweise nicht versichert. Es empfiehlt sich daher, dieses Risiko explizit einzuschließen. Achtung: Fensterscheiben sind ausgeschlossen, da diese separat zu versichern sind.

Was sollten Familien bei der privaten Haftpflichtversicherung beachten?

Wichtig ist eine ausreichend hohe Deckungssumme, d.h. der Betrag, bis zu dem je Versicherungsfall vom Versicherer geleistet wird. Sie sollte mindestens 5 Millionen Euro betragen. Kinder sollten auch nach der Schulausbildung beim anschließenden Studium bzw. bei der Berufsausbildung weiter mitversichert sein. Bei Kleinkindern sollte die oben genannte Deliktunfähigkeitsklausel eingeschlossen sein.
Versicherungsnehmer (Vertragsinhaber) ist entweder Vater oder Mutter, aber alle anderen Familienmitglieder sollten bedingungsgemäß mitversichert sein.

Welche Fehler werden beim Abschluss einer Haftpflichtversicherung häufig gemacht?

Der häufigste Fehler ist die Auswahl der Versicherung ausschließlich unter dem Aspekt „Preis“. Um sich hier einige Euro im Jahr zu sparen wird oft auf eine Beratung verzichtet und eigenständig online nach dem augenscheinlich günstigsten Anbieter gesucht. Der Abschluss erfolgt dann meist unter der Annahme, dass alles versichert ist und alle Schäden gezahlt werden. Häufig sind dann aber die sehr wichtigen oben genannten Klauseln nicht enthalten. Oder die fehlende Analyse durch einen Versicherungsexperten führt dazu, dass bestimmte Risiken nicht selbst erkannt werden, die separat zu versichern sind. Im Schadensfall prüft jeder Versicherer, ob bedingungsgemäß Versicherungsschutz besteht oder nicht. Nicht selten kommt es dann bei „Billigangeboten“ zur Ablehnung der Schadensleistung. Hier wurde an der falschen Stelle gespart.

Welche Irrtümer gibt es bei der privaten Haftpflichtversicherung?

Der häufigste Irrtum ist die Annahme, dass bei Sachschäden der Neuwert versichert ist. Das Gesetz verpflichtet zum Ersatz des Schadens. Ist eine Sache schon älter, dann ist sie auch nicht mehr den ursprünglichen Neupreis wert. Der Geschädigte hat nur Anspruch auf Reparatur (wieder funktionsfähig) oder den aktuellen Wert der zerstörten Sache.

Bei der Antragstellung ist es sehr wichtig, alle Antragsfragen korrekt und wahrheitsgemäß zu beantworten. Im Schadensfall selbst werden im Rahmen der Schadensmeldung die meisten Fehler gemacht, die dann zu Ablehnungen führen. Dies beginnt bei der Pflicht der unverzüglichen Schadensmeldung und endet oft bei dem großen Fehler der Schuldanerkenntnis bei dem Geschädigten.

Sowohl die gesetzlich geregelte Haftpflicht als auch der Versicherungsschutz hierfür sind komplexe Themen, für die es fundiertes Fachwissen braucht. Darum sollte schon beim Abschluss ein spezialisierter Makler zu Rate gezogen werden. Es steht dann auch im konkreten Schadensfall begleitend zur Verfügung, damit speziell hier nicht die typischen Fehler mit der Folge einer Leistungsablehnung passieren.

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Peter Bodenstein

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